Versicherer aller Größen akzeptieren zunehmend, dass sie durch überholte Altsysteme in ihrer Entwicklung ausgebremst werden. Dafür gibt es verschiedene Gründe:
Erstens erlitt der Komposit-Markt Rekordverluste durch Naturkatastrophen, wobei die verzeichneten Schadenfälle im Jahr 2017 einen Höchststand erreichten. Vor allem aufgrund von Wetterextremen hatten Versicherer mit der Bearbeitung und Regulierung einer extrem hohen Anzahl von Schadenfällen zu kämpfen, während sie sich gleichzeitig stark darum bemühten, das zukünftige Risiko besser abzuschätzen.
Zweitens sorgt die InsurTech-Welt für einzigartige Disruption und zwingt etablierte Versicherer, grundlegende Geschäftsmodelle zu überdenken, um Kunden erfolgreich zu gewinnen und zu binden. Versicherer, die nicht Schritt halten, werden durch den harten Wettbewerb abgehängt.
Drittens wirken auch die ständig steigenden und sich ändernden Anforderungen der Kunden disruptiv. Dies führt dazu, dass Versicherer sich mit einer Flut von neuen Tools und Technologien konfrontiert sehen, die der Unterstützung der neuen Geschäftsprozesse dienen sollen, die nötig sind, um die Kundenerwartungen zu übertreffen.
Modernisierung des Schadenmanagements dringend notwendig
Für Versicherer aller Größen schafft diese Konfluenz von Marktbedingungen einen gewissen Handlungsdruck, die Modernisierung von Altsystemen anzugehen. Allerdings müssen sich Versicherer dabei bekanntermaßen mit einem dem hohen Maß an Komplexität auseinandersetzen, wodurch die offensichtliche Lösung nicht in einem einfachen System beziehungsweise einer einfachen Plattform bestehen kann, das alle Bedürfnisse gleichermaßen befriedigt.
Das zeigt sich vor allem im Schadenbereich. Hier beginnen Versicherer allmählich die Bedeutung und den Nutzen dieses ersten Schrittes hin zu Modernisierung von Altsystemen zu begreifen: den Einsatz von Kernsystemen in der Cloud. Ovum, ein Technologie-Forschungsunternehmen, das die Pläne der US-Versicherer für den Einsatz von funktionellen Kernsystemen für das Schadenmanagement und die damit zusammenhängende Betrugserkennung mithilfe von Software-as-a-Service analysiert hat, stellte fest, dass sich die Anzahl von US-Versicherern, die Schadensysteme in der Cloud implementieren, von 13 Prozent im Jahr 2016 auf 26 Prozent im Jahr 2018 erhöht hat. Im selben Zeitraum stieg die Betrugserkennung von 16 auf 21 Prozent an.
Diese Statistiken sind ein Zeichen dafür, dass die Branche die wahren Grenzen von Altsystemen endlich akzeptiert und auf SaaS-/Cloud-Plattformen vertraut, um die erweiterten Funktionen zu verwalten, Zugang zu verbesserten Analysemöglichkeiten und maschinellem Lernen für bessere Schadenquoten und Geschäftsentscheidungen zu erlangen sowie das Leistungsversprechen eines Versicherers grundlegend zu festigen.
Während die Migration von Kernanwendungen des Altsystems zu einer modernen Plattform mit Analysemöglichkeiten offensichtliche Vorteile im Schadenbereich (Betrugsbekämpfung und frühe Erkennung) mit sich bringt, können die Erkenntnisse aus dieser modernen Anwendung auch dabei helfen, die Risikobereitschaft eines Versicherers zu ermitteln. Nur ein Beispiel: Die Daten einer Vielzahl von internen Quellen (Schadensachverständige bis SIUs) können zur Entwicklung von Betrugsindikatoren verwendet werden, die dann in einen Underwriting-Algorithmus einfließen, der Informationen liefert, die notwendig sind, um eine bessere Risikoeinschätzung durch den Underwriter zu ermöglichen.
Gesündere Portfolios möglich
Auf dieser Basis wird es dem Versicherer ermöglicht, ein gesünderes Portfolio zu entwickeln. Mit einer besseren Finanzprognose kann der Versicherer sowohl die Beiträge reduzieren als auch in andere Geschäftsbereiche investieren, wie zum Beispiel die Produktentwicklung oder neue Kundenservice-Initiativen. Während Versicherer sich weiterhin mit der Altsystemmodernisierung beschäftigen, werden wahrscheinlich immer mehr Kerngeschäftsbereiche in die Cloud wandern, um weitere Effizienzsteigerung zu erreichen und Wachstum in allen funktionalen Geschäftseinheiten zu schaffen.
Für viele Versicherer beinhaltet die Migration von alten Kernsystemen zu einer flexiblen, modernen Plattform eine umfassendere Strategie zur Festlegung grundlegender Prioritäten. Im „2019 Insurance Outlook“-Bericht empfiehlt Deloitte Versicherern, einen schrittweisen Ansatz. Entscheidungsgrundlage sollte hierbei der Geschäftswert, die Anwendungskomplexität sowie die Systemkritikalität sein. Dies erleichtert die Festlegung, welche Anwendungen wann in die Cloud migriert werden sollten. Wir setzen hier auf den Schadenbereich, wo bessere Verlustquoten dringend erforderlich sind, um die Kundenzufriedenheit entscheidend zu erhöhen und darüber hinaus erhebliches Potential für Verbesserungen vorhanden ist.
Der Einsatz neuester Technologien, wenn auch allmählich, wird es Versicherern aller Größen ermöglichen, sich auf dem anspruchsvollen Markt von heute zu behaupten. Versicherer werden so nicht nur ihre Verlustquoten verbessern und Effizienzpotentiale heben, sie werden auch eine stärkere Markentreue entwickeln, da sie ehrliche Kunden so behandeln, wie sie es verdienen.
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