Jeroen Morrenhof, CEO und Co-Gründer von FRISS. Er verfolgt die Entwicklungen von fintech genau und glaubt, dass die Wichtigkeit von Plattformen nie überbetont werden kann. Wie erreicht man das Plattform-Paradies?
Die Wahl der richtigen Kernsystems ist für Versicherer entscheidend. Die Implementierung erfordert eine enorme Investition und kann die Organisation oft für mehrere Jahre nahezu stilllegen. Die Wahl des falschen Anbieters kann den Fortbestand des Unternehmens ernsthaft gefährden. Dies ist der Grund, warum sich die Versicherer für umfangreiche „Ausschreibungen“ und „Proof of Concepts“ entscheiden, die für alle Beteiligten viel Zeit in Anspruch nehmen, aber leider nur begrenzte Sicherheit bieten. In diesem Blog werde ich einen pragmatischeren Rat geben, wie man eine zukunftssichere Plattform auswählt.
Von der Eigenentwicklung zum Standard
Seit Jahrzehnten investieren Versicherer in die Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse. Grob lassen sich die folgenden vier Phasen unterscheiden:
- Die erste Phase der Automatisierung führte zu soliden Systemen, die vor allem bestehende Prozesse effizienter machten. Die Anpassung und Erweiterung solcher Systeme ist jedoch zeitaufwändig und komplex und erfordert einen hohen Aufwand an Zeit, Wissen und Kapital. Jeder Versicherer muss seine eigene Plattform entwickeln.
- Nach und nach kamen Anbieter von Standardsoftware hinzu, die sich speziell auf das Kerngeschäft der Versicherer konzentrierten. Von individuellen Anpassungs- und Eigenentwicklungen bis hin zu konfigurierbaren Lösungen, die von verschiedenen Versicherern eingesetzt wurden.
- In der dritten Phase haben die Anbieter begonnen, immer mehr zusätzliche Technologien anzubieten, zum Beispiel für das Reporting, den Aufbau digitaler Kanäle und das Dokumentenmanagement. Dazu haben sie manchmal eigene Module entwickelt, oft aber auch durch Zukäufe.
- Heute entstehen überall Plattformen und Ökosysteme, wobei die Anbieter der Kernsysteme ihren Kunden eine Reihe von (Nischen-)Produkten über ein Ökosystem von Partnern anbieten. Mit der Einführung von insurtech und immer mehr „Einzellösungen“ wird es immer schwieriger, eine generische Lösung zu finden, die für alle Elemente die beste ist. Außerdem ist es einfacher zu skalieren, indem man sich verbindet, anstelle von entwickelt. Zum Beispiel hat FRISS Verbindungen zu verschiedenen Anbietern, die sowohl mit Kunden als auch mit Lieferanten kooperieren – wie Keylane, Guidewire, Fadata und Duck Creek.
Ein Markt ohne Grenzen
Nicht nur die Art der Automatisierung, sondern auch der Markt verändert sich. Der Markt entwickelt sich zunehmend zu einem globalen Markt. Immer weniger Kernsystemanbieter arbeiten ausschließlich lokal. Dies hat zu einem wachsenden Wettbewerb und einem ernsthaften Konsolidierungskrieg durch Übernahmen geführt. Schließlich gibt es nicht genug Platz für die Hunderte von Lieferanten.
Dadurch wird es für die Versicherer immer schwieriger, die richtige Lösung auszuwählen und nicht mit einer Lösung zu gehen, die sich unmittelbar nach der Implementierung als End-of-Life herausstellt.
Plattform-Paradies
Viele Anbieter konzentrieren sich auf den Aufbau einer eigenen Plattform. Letztendlich wird es aber nicht jedem gelingen, ein vitales und lebendiges Ökosystem zu realisieren. Auch Anbieter von Plattformen, wie unsere Firma FRISS, stehen vor diesem schwierigen Dilemma: Für welche Plattformen passen wir unsere Software an?
Wenn sich Versicherungsunternehmen für eine bestimmte Plattform entscheiden, bestimmt dies maßgeblich die Zukunftssicherheit von Automatisierungslösungen. Wie wählt man die Gewinnerplattform aus? Ich kann Ihnen folgenden Rat geben.
Checkliste
Das Ökosystem eines Anbieters sollte die Aussicht auf kontinuierliche, zusätzliche, spezialisierte Funktionalität bieten – nicht nur jetzt, sondern auch in zwanzig Jahren.
Die Antworten auf die folgenden drei Fragen sind eine gute Richtlinie:
- Was ist die Vision des Anbieters bei der Entwicklung und Wartung seiner Plattform/seines Ökosystems? Welches Ziel hat das Management vor Augen und wie wollen sie es erreichen? Gibt es sichtbare Aktivitäten, die diese Vision unterstützen?
- Wie unterstützen die derzeitigen Anbieter und Partner der Plattform/des Ökosystems diese Wahl? Was sind ihre Überlegungen? Welche Plattformen wählen sie? Die Partner haben oft einen guten Einblick in die Entwicklungen in ihrem Markt, also sprechen Sie mit ihnen.
- Und last but not least: Was sind die Erfahrungen der aktuellen Kunden mit der Plattform/dem Ökosystem? Welche zusätzlichen Lösungen werden tatsächlich eingesetzt und bieten sie Vorteile? Wurde die Vision des Anbieters tatsächlich umgesetzt?
Die Antwort auf Frage 1 ist wichtig, zeigt die Verbindlichkeit des Anbieters – ist das Ökosystem fest in der Organisation verankert? Wurde der Arbeitsaufwand, der notwendig ist, um das Ökosystem am Laufen zu halten, ernsthaft in Betracht gezogen?
Die Antworten auf die Fragen 2 und 3 geben einen guten Einblick in die Perspektive der Kunden und Nutzer. Im Idealfall sollten die Erfahrungen dieser Parteien die Vision und Theorie des Anbieters widerspiegeln.
Ich wünsche Ihnen (und uns) viel Erfolg beim Aufbruch in das Plattform-Paradies.