Consultant Wouter Joosse verfolgt für FRISS die aktuellen (technologischen) Entwicklungen. In den letzten sechs Monaten hat er mit seinem eigenen Auto die Telematik getestet. Sehr bald faszinierten ihn die wachsenden Möglichkeiten und die potenziellen Vorteile dieser Technologie für die Versicherungsnehmer und die Versicherungen.
Telematik in unserer Branche nutzt Echtzeitdaten, um das Fahrverhalten eines Versicherungsnehmers zu überwachen und seine Beitragshöhe entsprechend zu berechnen. Hierfür muss ein Gerät mit Software und Sensoren im Fahrzeug installiert werden. Außerdem wird natürlich Software benötigt, die die Daten verarbeiten kann. Die Sensortechnologie erfasst Ort, Geschwindigkeit, Beschleunigung und die g-Kräfte, die beim Ausweichen oder Abbiegen auf das Fahrzeug wirken. Dies ermöglicht der Versicherung Einblicke etwa in das Brems- und Beschleunigungsverhalten des Versicherten sowie in die jeweilige und die durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit. Es ermöglicht auch, zu rekonstruieren, in welcher Position sich die Fahrzeuge nach einem Unfall befanden und welche Wege sie dorthin genommen hatten. Dies erleichtert die Überprüfung von Ansprüchen wesentlich. Und Daten sind zuverlässiger als Zeugenaussagen.
Ehrliche Belohnungen
Ich habe die Telematik in den letzten sechs Monaten selbst getestet. Mehrere niederländische Versicherungen setzen diese Technologie bereits ein. Sie vergeben Punkte für gutes Fahrverhalten. Bei schlechtem Verhalten werden Punkte abgezogen. Nach einem Jahr passt die Versicherung die monatliche Prämie anhand der erhaltenen Punkte an. Dieses System gefällt mir. Mit Telematik können Sie Ihrer Versicherung zeigen, wie gut Sie fahren, und schnell dafür belohnt werden. Dies ist ein schnelleres, transparenteres und besser überprüfbares – und außerdem zeitgemäßeres – System als Rabatte für leistungsfreie Jahre. Ich kann mir gut vorstellen, dass es zu einem System entwickelt wird, mit dem die Versicherung Prämien monatlich anhand der erhaltenen Punkte und/oder der gefahrenen Entfernung anpasst.
Echtzeit-App
Richtig interessant wird es erst mit der App. Da ich leicht auf meine Daten zugreifen kann, ist mir mein Fahrverhalten jetzt sehr bewusst. Somit ist die Telematik nicht nur ein Hilfsmittel für die Versicherung, sondern wird auch für den Versicherungsnehmer sehr interessant. Durch das Punktesystem fühlt sie sich wie ein Spiel an. Punktabzüge gibt es bei Geschwindigkeitsüberschreitungen sowie schnellen Brems- und Beschleunigungsmanövern. Um mich an einem hohen Punktestand erfreuen zu können, fahre ich weniger schnell. Einmal musste ich scharf bremsen, weil ein Auto vor mir plötzlich anhielt. Dieser Moment war in der App deutlich sichtbar und leicht zu erklären. Versicherungen können solche Anomalien mit dem regulären Fahrverhalten vergleichen, um zu ermitteln, wie gut Sie fahren.
Datenschutz
In aktuellen Vertragsbedingungen verpflichten sich Versicherungen, die Daten nur zur Berechnung der Prämie zu verwenden. Ehrlichen Kunden macht es nichts aus, dass ihr Standort und ihre Routen erfasst werden, da dies über ihre Smartphones längst möglich ist. Kunden sollten jedoch darauf achten, wie lange die Daten gespeichert werden. Und wenn die Kunden nicht möchten, dass ihre Fahrten protokolliert werden, können sie das Telematikgerät entfernen lassen. Dies hat natürlich Auswirkungen auf ihre Prämie, da die Telematik ja gerade dazu dient, die Preise an das tatsächliche Verhalten anzupassen.
Schlussgedanken
Wird die Telematik das System der leistungsfreien Jahre ersetzen, wenn immer mehr Versicherungen sie einsetzen? Werden die Versicherungsnehmer wirklich davon profitieren, ihre Daten den Versicherungen zugänglich zu machen, oder werden diese so lediglich mehr über ihre Kunden erfahren? Dies wird die Zeit zeigen. Auf jeden Fall hat die Telematik mir mein Fahrverhalten bewusster gemacht, und das ist für mich von Vorteil.