Wie praktisch wäre es, wenn Versicherer Personen einfach auf Facebook, Twitter, Instagram oder anderen Social-Media-Plattformen hinzufügen könnten und so deren Verhalten nachverfolgen könnten? Dies würde den Versicherern ein mächtiges Mittel an die Hand geben im Kampf gegen Versicherungsbetrüger. Versicherer könnten so beispielsweise bestimmen, wo ein Anspruchsteller sich zum Zeitpunkt eines (vermeintlichen) Verkehrsunfalls aufgehalten hat. Die Forderung könnte von einem sogenannten Urlaubsort aus eingereicht worden sein, was sich aber nicht deckt mit den Angaben in einem aktuellen Facebook-Status, der zeigt, dass der Anspruchsteller stattdessen ein lokales Festival besucht hat.
Social Media ändern die Spielregeln
Das Internet-of-Things (IoT) ändert das Verhalten der Menschen. Auch Unternehmen passen ihr Verhalten dem IoT an. Manches wird hierdurch leichter aber gleichzeitig auch komplizierter. Es ist nicht schwer, die Vorteile zu erkennen, die sich den Versicherungsunternehmen durch die Option bieten würden, Social Media für zusätzliche persönliche Informationen im Rahmen einer Forderung zu nutzen. Mögliche Verbindungen zwischen den in einem Schadensfall involvierten Individuen könnten schnell gefunden werden. Social Media können auch Erkenntnisse zu den Vorfällen bereitstellen, auf die sich eine Forderung bezieht, da unterschiedliche Personen über denselben Vorfall berichten können. Hierdurch kann man sich ein genaueres Bild von den tatsächlichen Ereignissen machen. Hinzu kommt, dass der Versicherer sich wertvolle Zeit und finanzielle Ressourcen sparen kann, da so weniger Besuche am Ort des Vorfalls notwendig sind und weniger Zeit für Nachforschungen aufgewendet werden muss.
Das Aufkommen neuer Technologien wie beispielsweise das von Dashcams oder GoPros aufgenommene Bildmaterial von sportlichen Aktivitäten und Urlauben macht es möglich, online zu sehen, was zum Zeitpunkt eines Unfalls passiert ist. Das gilt nicht nur für die involvierten Personen, sondern auch für Personen, die zum Zeitpunkt des Unfalls vor Ort anwesend waren. Zeugen können eventuell anhand eines Videos identifiziert werden oder selbst Inhalte zum Thema ins Netz stellen. So könnte sich herausstellen, dass Anspruchsteller sich gar nicht am von ihnen selbst angegeben Ort befunden haben oder dass der gemeldete Schaden nicht so groß war wie ursprünglich angegeben.
Gründliche Abwägung
Für Abteilungen, die mit der Prüfung von Forderungen betraut sind, klingen diese Entwicklungen vielleicht wie der Anfang einer Reise in die perfekte Welt. Ganz so einfach ist es allerdings nicht. Entscheidend ist, dass die Informationen auf korrekte Art und Weise genutzt werden müssen. Nicht alle Daten sind öffentlich zugänglich oder können vor Gericht als belastbare Indizien verwendet werden. Es besteht ein Unterschied zwischen der Suchanfrage bezüglich einer Person auf Google und Nachforschungen zu einer Person. Versicherer müssen vorsichtig sein bei der Interpretation der von ihnen gefundenen Daten. Handelt es sich wirklich um das Facebook-Profil der Person, um die es geht? Ist das Nutzerkonto in Händen vertrauenswürdiger Personen? Sind die gesammelten Informationen öffentlich und können sie sich im Rahmen einer Untersuchung als nützlich erweisen?
Social Media erweitern das Möglichkeitenspektrum bei einer Untersuchung. Prüfer können in einem größeren Umfang und spezifischer nach Informationen suchen. Dessen ungeachtet müssen Versicherer berücksichtigen, dass die Regeln und Bestimmungen in jedem Land unterschiedlich sind. Die meisten Länder haben Richtlinien für die Nutzung von Social Media im Rahmen von Untersuchungen aufgestellt. Wenn Versicherer sich an diese Richtlinien halten, sind Social Media ein starkes Hilfsmittel bei Untersuchungen zu (möglichen) Betrugsfällen. Andererseits gilt auch, dass Versicherer, die sich nicht an die Regeln halten, keinen Deut besser sind als ein Betrüger.
Quelle: Post Online