Telematik ist in der Versicherungsbranche ein heiß diskutiertes Thema. Trotz des starken Interesses ist die praktische Anwendung noch nicht sehr verbreitet – nur 25 % der Versicherer nutzen diese Technik. Auch für die kommenden 12 Monate wird im Bereich Telematik nur ein geringes Wachstum erwartet. Dies ist eines der Ergebnisse des „Insurance Fraud & Digital Transformation Survey 2016“.
Versicherer nutzen Telematik hauptsächlich für die risikobasierte Beitragsgestaltung und zur Förderung einer sicheren Fahrweise. Das Sammeln von Schadensinformationen hat hingegen keine Priorität. Dennoch scheint es naheliegend, dass auch dies für die Versicherer von Vorteil wäre, besonders bei der Schadensbegutachtung. Das gewonnene Bild könnte durch Auswertung der Informationen von mobilen Geräten, Unfalldatenspeichern und Videoaufzeichnungen vervollständigt werden. Wenn alle Daten rund um den Unfall zur Verfügung stehen, kann das Unfallgeschehen nahezu vollständig rekonstruiert werden. Die Daten sind bereits da – jetzt müssen sie nur noch einer breiten Nutzung zugänglich gemacht werden.
Kombination von Telematik mit Videobeweisen
Sieht man sich die Bandbreite der für die Beurteilung des Fahrverhaltens eines Versicherten zur Verfügung stehenden Informationen an, erstaunt es, dass Versicherer diese nicht bereits in einem größeren Umfang nutzen. In Europa sind Unfalldatenspeicher nur im Vereinigten Königreich und in Italien verbreitet. Fragt man Versicherer, warum sie möchten, dass ihre Kunden ein solches Gerät in ihr Fahrzeug einbauen lassen, erhält man als Antwort, dass es in erster Linie um die Förderung einer sicheren Fahrweise gehe. Stellt man den Versicherten dieselbe Frage, zeigt sich, dass diese die hohen Rabatte attraktiv finden, die Versicherer für die Nutzung von Unfalldatenspeichern gewähren.
Durch die Kombination der vom Fahrzeug gespeicherten Daten mit verschiedenen externen Informationsquellen lässt sich ein umfassendes Bild des Unfallgeschehens gewinnen. Verkehrsüberwachungs- und Armaturenbrettkameras, Handyvideos (vom Geschädigten und von Zeugen) und sogar Grundstücksüberwachungskameras bieten wertvolle Informationen. Verknüpft man diese mit den GPS-Trackingdaten des Fahrers und ggf. der anderen Fahrzeuginsassen, lässt sich das Unfallgeschehen objektiv rekonstruieren.
Nutzung von Technologie zur automatischen Erkennung von Betrugsfällen
Der Einsatz von Technologie beim Underwriting und in der Schadensbearbeitung verschafft dem Versicherer nicht nur ein vollständiges Bild des Versicherten, sondern hilft auch, die Kosten zu senken. Bis jetzt haben Versicherer sich stets auf ihre Außendienstgutachter verlassen, um Schäden zu beurteilen, Zeugen zu befragen und Informationen über die Unfallsituation zu gewinnen. Aufgrund des immer weiter wachsenden Verkehrsaufkommens und der demzufolge immer höheren Unfallzahlen ist das Arbeitsaufkommen jedoch irgendwann so groß geworden, dass sich nicht mehr alle Schäden manuell überprüfen ließen. So mussten Versicherer sich häufig auf die Aussagen des Fahrers verlassen und konnten nur noch bei sehr fragwürdigen Unfallgeschehen oder hohen Schadenssummen eine Prüfung vornehmen, was Betrüger natürlich ermutigt. Heute jedoch lassen sich Betrugsfälle durch den Abgleich der übermittelten Schadensinformationen mit allen anderen zur Verfügung stehenden Daten schnell und automatisiert erkennen.
Den Versicherern stehen zahlreichen Informationsquellen zur Verfügung, mit denen sie ein objektives Bild gewinnen und die Schadensbeurteilung beschleunigen können. Es ist an der Zeit, mit der Anwendung der verfügbaren Technologien zu beginnen.
Quelle: Insurancethoughtleadership