FRISS hat den „Insurance Fraud & Digital Transformation Survey 2016“ veröffentlicht. Es wurden mehr als 160 Versicherungsfachleute aus über 25 Ländern befragt, um direkten Input über den gegenwärtigen Zustand und die weitere Entwicklung der Versicherungsbranche sowie die Herausforderungen, vor denen sie steht, zu gewinnen.
Aktuelle Marktlage
Die Versicherungsbranche erlebt zahlreiche positive Entwicklungen in den Bereichen Betrugsbekämpfung und digitaler Wandel. Viele der befragten Versicherer beginnen bereits mit der Planung progressiver Maßnahmen oder haben die ersten Schritte schon unternommen. Um jedoch in den aktuellen Zeiten des schnellen Wandels an der Spitze bleiben und für die Zukunft vorsorgen zu können, müssen die Versicherungsgesellschaften den Worten Taten folgen lassen.
Daten sind die größte Herausforderung
Die Studie zeigt, dass die größten Herausforderungen bei der effektiven Betrugsbekämpfung das Thema Daten betreffen. Im Kampf gegen den Betrug sind Datenschutz und Geheimhaltung (36%) sowie die Qualität der Daten (30%) und ein kontrollierter Zugang zu ihnen (36%) erforderlich. Darüber hinaus werden externe Informationsquellen als bedeutsames Hilfsmittel angesehen. Externe Informationen verschaffen dem Versicherer zum Beispiel bei Schadensforderungen oder in der Antragsbearbeitung im Underwriting ein umfassenderes und objektiveres Bild.
Digitaler Wandel: Versicherer sind Nachzügler
Online-Vertriebskanäle erleben einen Boom. Die Mehrzahl der Versicherungsgesellschaften (65%) bietet ihre Produkte über Online-Vertriebskanäle an. Das Onlinegeschäft wird jedoch in den kommenden 12 Monaten kein großes weiteres Wachstum erleben. Wenn man die Versicherungswirtschaft mit anderen Branchen vergleicht, wird klar, dass sie beim Ausbau des Onlinegeschäfts eher ein Nachzügler ist. Dasselbe gilt für mobile Apps (53%), die gegenwärtig lediglich für Schadensmeldungen und den Kundenservice genutzt werden. Bei den meisten Versicherungsgesellschaften (34%) können Versicherungsanträge noch nicht per App gestellt werden. Darüber hinaus nutzt fast die Hälfte der Versicherer (47%) prädiktive Analysetechniken, hauptsächlich für die Preisbildung und das Underwriting, aber häufig auch für Schadensforderung und Betrugserkennung.
Noch nicht weit verbreitet ist die Verwendung von Telematik (25%). Das ist aufgrund der großen Aufmerksamkeit, die dieses heiß diskutierte Thema genießt, bemerkenswert. Nur einer von vier Versicherern bietet Telematik, in der Regel, um eine risikobasierte Beitragsgestaltung zu ermöglichen und eine sichere Fahrweise zu fördern. Das Sammeln von Schadensinformationen hat hingegen keine Priorität. Auch die Nutzung von Telematikdaten für eine verbesserte Beurteilung und Überprüfung von Schadensforderungen kommt eher selten vor – vielleicht eine verpasste Gelegenheit?
Betrug fordert Priorität und Engagement
Versicherungsfachleute geben der Betrugsbekämpfung im Mittel eine Priorität von 7 von 10. Hier besteht Verbesserungspotential. Die höchste Priorität hat die Betrugsbekämpfung in den Bereichen Claims und Underwriting, doch fehlt es hier noch an Engagement. In den Bereichen Vertrieb und Online fehlt es sowohl an Priorität wie auch an Engagement, was angesichts der steigenden Bedeutung von Online-Vertriebskanälen ein alarmierendes Signal ist. Online-Kanäle unterscheiden sich hinsichtlich Markteinführungsstrategie und Herangehensweise erheblich von herkömmlichen Vertriebswegen. Das Onlinegeschäft spricht eine andere Zielgruppe an und ist auch mit ganz eigenen Arten von Risiken verbunden. Eine gut funktionierende Betrugserkennung ist daher von entscheidender Bedeutung.
Ist Vorbeugen besser als Heilen?
Die meisten Unternehmen arbeiten aktiv am Betrugsmanagement innerhalb ihres Portfolios. Fast die Hälfte der Versicherer verfolgt jedoch eher eine präventive Strategie, statt erst zu handeln, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Für ein gesundes Portfolio ist eine ausgewogene Balance zwischen Qualität und Quantität entscheidend. Leider ist es für manche Versicherer ganz normal, die Risiken einfach in die Beiträge einzuberechnen.
Betrug betrifft das gesamte Unternehmen
Die Ermächtigung von Sonderermittlungsabteilungen und das Engagement der obersten Führungsebene bilden die Grundlage für die Schärfung des Bewusstseins gegenüber Betrug und die Weiterentwicklung im Unternehmen. Für eine wirksame Bekämpfung von Betrug muss unbedingt das entsprechende Bewusstsein im gesamten Unternehmen geweckt werden. Bei Schulungen und Fortbildungen werden hinsichtlich Bewusstseinsschärfung und Weiterentwicklung überwiegend die Claims-Abteilungen in den Fokus genommen, danach das Underwriting. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass sich hier eine signifikante Lücke zu anderen Abteilungen (Vertrieb, Produkt, Digitalisierung, Onlinegeschäft) auftut.
Jeroen Morrenhof (CEO von FRISS): „Angesichts der Anzahl und Verschiedenheit der Versicherungsfachleute, die an der Befragung teilgenommen haben, glauben wir, dass sich ein realistisches Bild des gegenwärtigen Marktes ergibt. Wir hoffen, das Bewusstsein gegenüber Betrug als Schlüsselelement bei der Erhaltung einer ehrlichen Versicherungsbranche weiter schärfen zu können“.
Der gesamte Bericht kann hier kostenlos heruntergeladen werden.