Annemieke Smith leitet die Abteilung Fraud & Integrity bei Reaal Insurance. Nach langjähriger Tätigkeit in der Abteilung Claims konzentrieren Smith und ihr Team sich seit anderthalb Jahren darauf, Reaal vor (potentiellen) Betrügern zu schützen.
Werte und Normen bilden die Grundlage eines gesunden Versicherungsportfolios: Sie sind die (ungeschriebenen) Regeln, die die Verantwortung von Versicherer und Versicherungsnehmer definieren. Beispiel: die Balance zwischen Risiko, Versicherungsprämie und Versicherungsleistung. Wir bezeichnen es als unehrlich, wenn sich jemand nicht an die Regeln hält und zum Beispiel den eigenen Laden in Brand steckt, weil das Geschäft nicht gut läuft, oder ein Vater den Golf GTI seines neunzehnjährigen Sohnes, der gerade erst seinen Führerschein gemacht hat, auf den eigenen Namen versichert. Die Versuchung ist groß, denn die Höhe der Versicherungsprämien unterscheidet sich erheblich. Unterschiedlich sind jedoch auch die zu versichernden Risiken.
„Es geht um die Balance zwischen Risiko, Prämie und Versicherungsleistung“
Sensibilisierung für Betrugsfälle
Betrug lässt sich nicht zu 100 % verhindern, aber ich bin überzeugt, dass eine höhere Sensibilisierung einen großen Unterschied ausmachen kann. Deshalb war genau das in den vergangenen Jahren unser Fokus bei Reaal.
Traditionell arbeiten die Abteilungen Underwriting und Claims getrennt voneinander, um potentiellen Interessenskonflikten vorzubeugen. Ein hervorragendes Prinzip, das jedoch auch einige Nachteile mit sich bringt. Es zahlt sich aus, aufmerksam gegenüber Inkonsistenzen bei Versicherungsanträgen zu sein. Dies verbessert die Risikobewertung beim Underwriting. Wer ist der tatsächliche Eigentümer eines Fahrzeugs, und wer der hauptsächliche Fahrer? Wie sieht die Vergangenheit eines Ladenlokals aus? Hat der derzeitige Eigentümer Verbindungen zum Vorgänger, der Bankrott gegangen ist? Gibt es andere Gründe für den Abschluss einer Sachversicherung als nur Schutz vor Brandschäden? Ließ der Geschäftsverlauf zu wünschen übrig, gab es bereits Konkurse?
Unter dem Strich sind all dies keine direkten Gründe zur Ablehnung eines Versicherungsschutzes, aber zumindest sollten sie zu einer realistischen Bewertung des Risikos und zu einer angemessenen Versicherungsprämie führen. Darüber hinaus lassen sich so im Schadensfall die fraglichen Punkte leichter überprüfen.
Betrug: von der Sensibilisierung zur Verhinderung
Es gibt zwei wichtige Gründe, warum unsere Kollegen aus den Abteilungen Underwriting und Claims enger zusammenarbeiten sollten:
Erstens haben wir unseren Arbeitsschwerpunkt von der Erkennung von Betrug auf dessen Vermeidung verlagert. Dies erfordert eine größere Sensibilität für Betrug durch unsere Kollegen vom Underwriting. Aus diesem Grunde werden wir auf monatlicher Basis verschiedene Beispiele für Betrugsfälle vorstellen, denen wir im Rahmen unserer Untersuchungen begegnet sind. Dabei geht es in der Regel um vorsätzliches Handeln, zum Beispiel Brandstiftung. Ferner besprechen wir Fälle, die eher in eine Art Graubereich fallen, zum Beispiel wenn bereits vorher bestehende Parkschäden in Kollisionsschäden mit hineingenommen werden, oder wenn ein Versicherungsnehmer behauptet, ein iPad sei vom Küchentisch gerutscht, während es in Wirklichkeit im Freien fallen gelassen wurde.
Anhand dieser Beispiele gewinnen die Mitarbeiter ein realistisches Bild der auftretenden Betrugsfälle und erfahren, wie sie diesen entgegenwirken können.
„Betrug: von der Sensibilisierung zur Verhinderung“
Zusammenarbeit zwischen Underwriting und Claims
Der zweite Grund für eine Stärkung der Kooperation ist das Verfahren für den Umgang mit manifesten Betrugsfällen. Nicht nur muss der Anspruch abgewiesen und dem Dachverband der niederländischen Versicherungswirtschaft gemeldet werden: Auch das Verhältnis zum Kunden ist zu beenden. Diese letzte Maßnahme bedarf des Sachverstands des Underwritings: Dort kennt man die Richtlinien, Bedingungen und Vorschriften für die Vertragsbeendigung. Zusammen mit der Abteilung Claims wird unter Berücksichtigung der Schwere des Betrugsfalls ein Aktionsplan erstellt. Dann wird ein einziges Schreiben an den Kunden gesandt, in dem alle Details über die Abweisung des Anspruchs, die Meldung des Betrugsfalls und die Beendigung der Vertragsbeziehung enthalten sind.
Gegenwärtig gibt es bei Reaal getrennte Abteilungen für Underwriting und Claims. In der nahen Zukunft werden diese durch je eigene Abteilungen für die einzelnen Produkte ersetzt. Doch ganz gleich, wie das Organigramm aussieht: Ich glaube daran, dass Kooperation für eine optimale Bekämpfung von Betrug entscheidend ist. Sie erhöht die Profitabilität der Versicherer und stärkt im gesamten Unternehmen das Bewusstsein für Betrug. Wir betrachten dies als ein wichtiges Ergebnis der anderthalbjährigen Anstrengungen, die wir auf diesem Gebiet unternommen haben.